Bereits vor einiger Zeit ist ein kurzer Aufsatz aus dem Dunstkreis meines Dissertationsprojekts in der Zeitschrift Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte erschienen, der sich mit dem Filmskandal um die Schweizer Produktion „Frauennot-Frauenglück“ von 1929/30 beschäftigt. Der semi-dokumentarische Film, entstanden unter Beteiligung des sowjetischen Avantgarde-Regisseurs Sergej Eisenstein, thematisiert die Problematik illegaler Abtreibungen und stellt sie den hygienischen Bedingungen in einer modernen Frauenklinik gegenüber. Für moralische Empörung, vor allem in kirchlichen Kreisen, sorgten dokumentarische Aufnahmen einer Kaiserschnittgeburt: Der Film offenbare den heiligen Moment der Geburt einem breiten Publikum und entweihe so die Mutterschaft, wie der gängigste Vorwurf lautete. Im Filmskandal um „Frauennot-Frauenglück“ vermengten sich exemplarisch Auseinandersetzungen um Sicht- bzw. Zeigbarkeiten und die Geschlechterordnung. Dabei wird auch die Bedeutung eines Konzepts von Mutterschaft für die Geschlechterordnung deutlich, das in den Augen der Skandalisierer und Skandalisierinnen vor Angriffen des Films verteidigt werden musste. Zugleich ermöglicht dieser Filmskandal einen Blick auf Diskurszugänge, also Möglichkeiten des Sprechens und Gehörtwerdens, von Frauen zur Zeit der Weimarer Republik.
Mütterlichkeit und Mutterschaft. Der Filmskandal um „Frauennot-Frauenglück“ (1929/30), in: Ariadne. Forum für Frauen- und Geschlechtergeschichte 27 (2012), H. 62, S. 32-40.